Rezension zu Werner Fritsch: Nofretete

Slapstick im alten Ägypten

Auch wenn es sich nicht gehört, muss ich einen Satz über mich selbst voranstellen. Ich befasse mich ja ungern mit Kontext, meine Rezensionen, sofern sie diesen Namen überhaupt verdienen, geben in erster Linie Erstleseeindrücke wieder, manchmal mit einem Spritzer Wikipedia. Werner Fritsch bemüht sich um Authentizität, so scheint mir, was ein seltsames Wort ist für ein Stück, das im alten Ägypten spielt, 1330 Jahre vor unserer Zeitrechnung. Aber das Stück folgt der klassischen Dramaturgie, Einheit der Figuren, des Ortes, der Zeit, der Handlung. Alles ist so ägyptisch, eine Königin, ein Bildhauer, die Mumie des Königs, ein paar Büsten und Statuen, die heute wahrscheinlich im Pergamonmuseum stehen. Ein klassischer Dreiakter in der Grabkammer.

Es herrscht Aufruhr im Land Ägypten. Der König ist tot, ein Religionskrieg tobt, das hing damals ja auch alles irgendwie zusammen, die Königin flüchtet sich also mit der mumifizierten Leiche ihres Mannes und dem letzten treuen Untertan, dem Bildhauer Thutmosis, in die Grabkammer, so ein richtiges Pyramidending. Der Glaubenskrieg ist bestimmt historisch äußerst akkurat dargestellt, vor lauter ägyptischen Gottheiten, Aton, Amun, Seth, Isis, Osiris, Maat, behalte ich aber nur schwer den Überblick, sie stehen irgendwie für nichts, die einen sind alt, die andern neu, aber eigentlich ist alles nur Korruption und Machtspielerei. Der alte Gott und König war scheiße und repressiv, der neue Gott ist es auch, die Armen leiden, die Reichen werden immer reicher. Ja doch, das war schon gut dargestellt, als so eine Art ewiges Prinzip.

Die eigentliche Handlung aber passiert so schnell, dass man sie kaum mitbekommt. Der Bildhauer ist in die Königin verliebt, falls man das so nennen kann, die Königin dagegen will ihren Ehemann von den Toten auferwecken. Der Bildhauer ist schlau, und als sie kurz nicht hinguckt, legt er die Mumie weg und hüllt sich selbst in die Mullbinden. Die Königin vollzieht also mit ihm das Ritual, „so komm doch in dein Haus Osiris / komm o komm“, viel Text mit Hüften und Schenkeln, während sie rittlings auf ihm sitzt.

Ich weiß nicht, wie man diesen Text lesen oder inszenieren muss, aber für meinen Teil sehe ich da jede Menge Slapstick. Wie die Idee den Bildhauer durchzuckt und wie die Königin dann wild auf der lebendigen Mumie herumreitet mit ihrem überspitzten Erweckungsgesang, und dann funktioniert das auch noch, aber die Königin durchblickt das falsche Spiel sofort, versucht sich umzubringen, erstarrt dann aber im Ringen mit dem Bildhauer. Köstliche Szene. Oder auch, wie der Bildhauer zuvor über das polygame und inzestuöse Liebesleben des Exkönigs herzieht, die ständige Widerrede, geh weg, komm her, schweig, küss mich, töte mich, ein wirklich großer Spaß, glaube ich.

Aber bestimmt kann man diesen Text auch dunkel, ernsthaft und authentisch inszenieren, und das ist dann auch schön. Super Liebesverwechslungskomödie, aber die historischen Details scheinen manchmal doch ein bisschen sehr weit hergeholt.

Foto von @meli.saurus