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Rezension zu Peter Fabjan: Ein Leben an der Seite von Thomas Bernhard

Familienbande und ein zweites Leben

Als Bruder und behandelnder Arzt des distanzbedürftigen Schriftstellers und Geistesmenschen gelingt Peter Fabjan ein gerade in seiner Nüchternheit mitreißender Rapport. In kleinen Kapiteln wird dabei nicht bloß ein Licht auf den Lebens- und Leidensweg Thomas Bernhards geworfen, sondern ebenso akribisch dessen Umfeld ausgeleuchtet, die vielzitierten Lebensmenschen werden den mehr oder weniger intensiven Freund- und Bekanntschaften von der frühen Jugend bis ins hohe Alter zur Seite gestellt.

Die Beziehungen zu Landwirten und Adelsfamilien, zum Großvater und zur Schwester eröffnen zahlreiche Interpretationslinien in Bernhards Werk hinein, während immer wieder auch Fabjans eigene Auseinandersetzung mit dem Bruder von dessen medizinischer Behandlung bis zur Verwaltung des Nachlasses als zweite Lebensaufgabe des Arztes zur Sprache kommt. Dieser selbst besitzt eine Biographie, die immer wieder nur an diejenige des Bruders geknüpft wurde und wird, führt jedoch auch den eigenen Werdegang, die Verschuldung zugunsten der eigenen Praxis, die späte Liebe, zeitweise, burnoutbedingte Kontaktabbrüche und die engagierte Recherche zu diesem Buch ins Feld, bei der er oft Kontakte auffrischt, die Bernhard in der ihm eigenen Radikalität längst verworfen hatte.

Die intensiven Verhältnisse zum schriftstellerischen Großvater, zu Hedwig Stavianicek, Joana soundso, zu Unseld, der Lektorin und vielen anderen werden durch pointierte Informationen und Einschätzungen mit Leben gefüllt, insgesamt nicht nur eine, sondern dutzende Biographien zusammengestellt. Des Weiteren ist die ordnende Funktion des Textes, der ebenso die Anwesen und Wohnverhältnisse wie den Krankheitsverlauf des Bruders übersichtlich, ja tabellarisch präsentiert, von großem Gewinn.

Dabei treten dem hervorragenden Überblick immer wieder aufschlussreiche bis kuriose Details an die Seite, einzelne Sätze aus der Kindheit und aus dem Lebensabend des Schriftstellers, flüchtige Bekanntschaften. Untermalt wird das Ganze mit einer Reihe von Fotografien aus dem Familienfundus, die den Text wundervoll illustrieren.

Obwohl keine großen Geheimnisse und kein großer Wurf von diesem Buch zu erwarten sind, vielleicht auch heikle Storydetails der versöhnlichen Gesinnung Fabjans in alle Richtungen zum Opfer fielen, ist ihm doch die allergrößte Dankbarkeit auszusprechen, diese zweite Lebensaufgabe angenommen und zu größter Zufriedenheit aller Beteiligten erfüllt zu haben.

Foto von Anne Nygård auf Unsplash

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