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Rezension zu Harold Pinter: Alte Zeiten

Fehler in der Matrix

Deeley und Kate, Anfang 40, verheiratet, leben in einem umgebauten Farmhaus auf dem Land, ihre Ehe scheint zu kriseln. Er ist für die Arbeit viel unterwegs, gibt sich aber durchaus Mühe, sie wirkt eher teilnahmslos und desinteressiert. Anna, eine alte Freundin und Mitbewohnerin von Kate in London, hat sich zum Besuch angekündigt. Kates einzige Freundin.

Die Stimmung des Paares ist fühlbar angespannt, der Besuch jedoch bringt frischen Wind in das Haus und die Unterhaltung. Deeley und Anna entdecken Gemeinsamkeit, sie plaudern über Sizilien, Kunst und auch mit beinahe elterlicher Fürsorge über Kate, die recht ausgeschlossen daliegt, während die beiden ein Lied im Duett vortragen. Ausgeh- und Einladungspläne für den Abend werden verworfen, ein Ragout serviert und alte Geschichten aufgetischt, ein Kinobesuch im Film Ausgestoßen, ein schluchzender Mann in der Wohnung, Kontakte in der Kunstszene.

Im zweiten Akt vernähen sich viele der Schnipsel zu einem Gesamtbild, in dem Deeley Anna bereits vor Kate kannte und mit ihr in eine Art Tête a Tête verwickelt war. Aus vermeintlichem Aneinandervorbeireden fügt sich eine Erzählung zusammen, die an ihren verwaschenen Rändern auch Szenen von sexueller Gewalt enthält und das entworfene Machtverhältnis am Ende radikal in Frage zeiht.

Kate holt im Schlussmonolog Annas Tod und die Positionierung Deeleys an deren Stelle hervor, wobei es wirklich schwer fällt, dem einen konkreten Sinn abzugewinnen. Déjà-vu-haft endet das Stück mit einem nochmaligen Zusammenschnitt der Erinnerungsbilder, bei dem diesmal jedoch die bis dahin einsilbige Kate die Feder führt und einen Kreis zum Beginn des Stücks schließt.

Der Leser wird mit der unlösbaren Konstellation eines Zusammentreffens dreier Figuren allein gelassen, von denen die eine oder andere bereits seit zwanzig Jahren tot sein könnte. Über das Rätselhafte gibt es nichts zu sagen, als dass es sich lohnt, noch einmal darüber nachzudenken. Pinter ist auf jeden Fall ein Meister darin, mit einfachen Mitteln große Verwirrung zu stiften.

Foto von Simon Berger auf Unsplash.

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