Rezension zu Gracie Gardner: Pussy Sludge

Ist doch egal

Pussy Sludge heißt die Hauptperson dieses Stücks und ihr läuft eine ölige, zähe und klebrige Flüssigkeit gleichen Namens in rauen Mengen aus der Leistengegend. Da dieser Umstand ihr in der Vergangenheit vielerlei Missverständnisse und Unannehmlichkeiten bereitete, hat sie sich in die natürliche Umgebung eines Nationalpark zurückgezogen, wo sie während des Stücks mit ihrer Mutter, einer Reihe von Parkranger*innen, einer Pfadfinderin und anderen Menschen in Kontakt gerät.

Nein, zuerst war sie in ihrem Zimmer und bewunderte sich vorm Spiegel, dann verwandelte es sich in einen Sumpf und dann entdeckt ein Manager, der ihr Boyfriend werden soll und nichts als komplizierte Ausdrücke und eine Propellermütze verkörpert, den Ausfluss und dessen finanzielles Potenzial. Naja. In dem Sludge wächst eine Kreatur heran, die von den anderen mit diversen Mitteln bekämpft wird, es wird reichlich masturbiert, sich in Drachen verwandelt und Tod und Wiederauferstehung werden ebenfalls in den ausgiebigen Regieanweisungen und dort enthaltenen Metakommentaren angeleitet.

Die Dramaturgie bewegt sich irgendwo zwischen Samuel Beckett und Sarah Kane, es passiert viel scheinbarer Nonsens, der gleichwohl immer tiefere Bedeutungsebenen und deren Interpretation herausfordert, es geht um psychische Verfasstheit, Geschlechterrollen/Gender, Politik und Moral, die Vieldeutigkeiten sind wirklich sehr gekonnt den beiden genannten und vielleicht noch weiteren Vorbildern nachempfunden (Pinter etc.), aber am Ende nehme ich dem Stück diesen tieferen Sinn irgendwie nicht mehr ab.

Vom Schleimwesen übel zugerichtet und mit immer noch gebrochenen Beinen von den Toten auferstanden, von den Popsongs trällernden Typen links liegen gelassen, schleppt sich Pussy Sludge ans Sumpfufer und übergibt sich in einer Art hoffnungsvollem Happy End: Das Schlimmste ist vorbei oder so. Im Kern geht es wahrscheinlich darum, man (bzw. frau) selbst zu sein und das Schleimwesen verkörpert die innere Zerrissenheit der Menstruation, der Geschlechts- und Klassenzugehörigkeiten, der Pubertät, Identität und einer schizophrenen Persönlichkeitsstörung, alle möglichen Eltern- und Beziehungskomplexe inklusive.

Das macht Spaß und geht rasant auf und ab, wird aber manchmal doch ein bisschen zu stark durch die sorgsam konstruierte Sinnlosigkeit bedrängt und irgendwie fehlt da der Mehrwert gegenüber den mindestens zwanzig Jahre alten Vorbildern.