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Rezension zu Euripides: Hekabe

Ist das nur die Übersetzung oder knallt das wirklich so?

Der Krieg ist aus und Exkönigin Hekabe verflucht die viele Hausarbeit, die sie nicht gewöhnt, und dann wird auch noch verkündet, dass die windgelähmten Griechen gerne noch dem Geist Achilleus’ zu Ehren und Grabbeigabe ihr letztes von fünfzig Kindern, Polyxena, opfern würden. Das macht die Mutter schon recht unglücklich, aber eins kommt selten allein und so wird auch noch die Leiche ihres anderen letzten Kindes, Polydoros, der bei Thrakerfürst Polymestor (ja mh, viele Polys) versteckt war, am Strand aufgefunden, vom Gastfreund gemordet.

Wo gegen den menschenopfernden Gottesdienst der Griechen nichts zu machen ist, zeigt sich gegen den Gastrechtverletzer jedoch ein gläubiges Kraut des Gottvaters persönlich gewachsen, sodass Agamemnon, Heerführer, Hekabes Rachepläne unter der Hand billigt, nicht zuletzt, weil Polyxena sich so schön aufrecht und frei hat opfern lassen und dabei sogar ihre Scham bedeckt.

Polymestor, der goldgierige, wird also freundlich eingeladen mit seinen Kindern, um von versteckten Schätzen Bericht zu erhalten, allein lassen sie sich ins Zelt der kriegsgefangenen Frauen locken, die mit starker Choreografie, edlen Tüchern und Hebammenkunst, die Kinder erstechen und dem Sohnesmörder die Augen aus, der rast und schimpft und sich von Agamemnon ins Gericht nehmen lässt, welches er mit ungeschickter Redekunst verliert, obwohl auch Hekabe sich nicht viel mehr als der Wahrheit und Gerechtigkeit zu rühmen weiß (in großem Leid die Worte fehlen).

Die Sprache und Sprachkritik jedoch bringt die hiesige Übersetzung (Reclam, Orange, Kurt Steinmann, 2009 (?)) zum Strahlen, so scharf werden gut und böse abgewogen, Rechte und Pflichten diskutiert, sinnvolle von sinnlosen Beleidigungen unterschieden, dabei immer wieder das jeweilige Redeverhalten selbst- und fremdreflektiert, deswegen gehörte das Stück offenbar ins Schriftbildlichkeitskolleg, wo ich es weder gekauft noch erinnert habe.

Aber dann ist da noch Kassandra, Agamemnons Geliebte, das dritte, nun aber wirklich letzte letzte Kind Hekabes, dem der wütende Polymestor den Tod prophezeit, dafür jedoch vom griechischen Heerführer endgültig davongejagt wird. Kassandra wird schon wissen, was sie tut.

Foto von Ram Kishor auf Unsplash.

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