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Rezension zu Enis Maci: Eiscafé Europa

Auf der Höhe der Zeit

Eine Kurzbiographie, die einschlägt. 1993 geboren, 2010 Förderpreis Ruhr, Studium am Deutschen Literaturinstitut Leipzig und London School of Economics, nominiert bei den Mülheimer Theatertagen, Hausautorin in Mannheim, Erstveröffentlichung: Ein Essayband im Suhrkampverlag. Und was das für Essays sind!

Sprachgewaltig setzt Enis Maci ihren Fuß in die Tür des Literaturbetriebs, die ihr vielleicht nicht bloß ihre exzellente Ausbildung, sondern ebenso die weit weniger exzellenten Bedingungen ihres Umfelds, heute würde mensch sagen ihrer Identität, geöffnet haben. Geschickt verwebt die Autorin die Fäden ihrer persönlichen Erfahrungen zu Gesellschaftsbildern, die treffen, wo es wehtut. Nicht aufdringlich, aber eindringlich erfahren wir ihre Rolle als Frau, als Kind albanischer Immigranten, aufgewachsen in der ärmsten Stadt Deutschlands: Gelsenkirchen.

Die einzelnen Essays widmen sich Kämpfen, muss man sagen, um ihre Intensität nicht herunterzuspielen. „Die Waffe der Frau ist: Ein Gewehr“, postuliert Maci gleich zu Beginn des Buches. Als Kundschafterin steckt Maci das Gelände zeitgenössischer Diskurse ab, ohne zu verflachen. Offensiv setzt sie sich mit dem Auftreten (insbesondere der Frauen) der identitären Bewegung auseinander, mit der internationalen Vernetzung rechtspopulistischer Parteien, die sich zunehmend als diskurs- und gesellschaftsfähig präsentieren.

Von zentraler Bedeutung ist auch immer wieder das Internet, ein ganzer Essay widmet sich der Editionspraxis der Wikipedia, die nicht bloß alte Probleme löst, sondern auch neue aufwirft. In ihrer eigenen Arbeit greift Maci auf jede Art von Quelle, seien es Erstausgaben oder Instagramposts, gleichberechtigt zu, das Quellenverzeichnis bildet ein eigenes Kapitel: ohne Anspruch auf Vollständigkeit.

Durchgehend gelingt es Maci, Position zu beziehen, ohne der Leserin je moralinsauer aufzustoßen. Die literarische Form des Essays kostet sie dabei in ganzer Fülle aus. Sie findet eine tief von Persönlichkeit durchzogene, trotzdem eingängige Sprache, in der scheinbar kontingent zusammengewürfelte Zutaten ein wahren Feuerwerk der Sinne entzünden – weit entfernt von dem Eintopf, der uns heute in Feuilletons und Kommentarspalten serviert wird. Enis Maci – diesen Namen wird man sich merken müssen.

Geschrieben im Mai 2019.

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