Rezension zu Enic Maci: Wunder

Frauenbilder und chronische Krankheiten

Ungeahnt schnell habe ich mich durch dieser quer bedruckten, soeben erschienenen neunzig Seiten gehangelt und dabei ist, leider, wenig Wunderbares hängengeblieben.

Eine Reihe von heterogenen (Frauen-)Figuren, darunter einige heilige wie Mutter Teresa und Elisabeth von Thüringen, eine Hure (sexy Cora), eine Derwish, eine Sufistin, eine Make-Up-Influencerin, wirft Maci irgendwie postdramatisch zusammen, eine Ich-Erzählerin berichtet vom Besuch bei ihrer Oma und der dort erlernten und erlebten Erzähltradition, die sich in mit chronischen Krankheiten gespickte Schleifen wickelt.

Also, Frauen, diese selbstlose, dings-(das heißt gott-)gleichen Wesen, eingesperrt im Transitraum, von der Familie verstoßen, vom Ehemann ausgebeutet und am Narkosemittel von der Schönheits-OP gestorben, Albanien, ägyptische Revolution, das Internet und die Gen Z, genau, ein Wunder ist nämlich ein Prozess, der nicht mit wissenschaftlichen Methoden zu erklären ist, eine Wirkung mit unbestimmten Ursachen, das heißt, wir müssen zunächst einmal einen wissenschaftlichen Maßstab anlegen, um das Wunder dann in seinem Kontrast zu diesem Hintergrund zu erkennen, das wurde bestimmt auch schon einmal schöner ausgedrückt.

Dass Nichts und Alles irgendwie miteinander zusammenhängen, sorgt in Macis Essays für ein schwereloses Hochgefühl, hier im Theatertext wirkt es leider allzu disparat, wie die versammelten Frauen aneinander vorbeireden und -leben. Ein paar hübsche Farbfotos in Buchmitte und ein betont unvollständiges zweiseitiges Quellenverzeichnis, das viele Zeitschriftenartikel und einige Songs enthält, wollen irgendwie eine Aura der Authentizität um die Textschnipsel weben, es entsteht so ein typisches „Auf meiner Reise durch Anatolien“-Mosaik, aber das Gesamtbild als Ich, als Subjekt und als Frau wird leider kaum erkennbar.

Während die sprachlichen Bilder hübsch gesetzt und ordentlich selbstreflexiv gewendet werden, kann die Dramaturgie nicht wirklich mit Höhepunkten aufwarten und macht eher so eine Lochkarten(Leierkasten-)nummer aus dem Stück; wahrscheinlich der Preis des Verzichts auf Antagonismen (Männer).

Foto von Mike L auf Unsplash