Rezension zu Byung-Shul Han: Agonie des Eros
In geschlossenen Zirkeln
Laut Klappentext scheint Han im Eros ein Mittel gegen die Depression zu suchen. In ebenso prägnanten wie schwammigen Aussagesätzen vollführt er eine Umwertung aller Werte, er beharrt auf Kraft des Anderen als Negativität, so dass Liebe den Tod (des Egos) gewissermaßen in sich eingeschrieben trägt, um diese wiederum gegen die Positivität der Hölle des Gleichen, in die wir durch das Internet geraten wären, in Stellung zu bringen.
In grob verkürzten Scherenschnitten hangelt er sich durch das Who is who postmoderner Rädelsführer*innen, um ihnen vermeintliche Widersprüche anzukreiden, landet am Ende aber doch immer wieder beim Gleichen. Deleuze’ Immanenz ist ihm zu positiv, Foucault ist ein Neoliberaler, der die Herrschaftsimplikationen der unternehmerischen Freiheit nicht erkannt habe, Illouz ignoriere den Unterschied von Liebe und Begehren und Hegels Konzept von Herr und Knecht werde sowieso von allen falsch verstanden. Žižek hat dies nicht auf dem Schirm und Derrida das und Badiou hat das Vorwort geschrieben, aber trägt damit auch nichts zur Erkenntnis bei.
Es geht um Liebe, Tod und den Kapitalismus, wir sollen uns nicht so vereinzeln lassen und die Unterschiede anerkennen, mal ein bisschen aus uns herauskommen undsoweiter, jeder Absatz hat einen knalligen Slogan und wird mit Literaturexegese unterfüttert, aber nach so vielen Jahren wirken die Konzepte und der Streit über ihren akkuraten Aufbau derart ausgeleiert und austauschbar, dass sie wirklich nur noch als theatrales Komödienfutter taugen. Nicht nur bleibt der Kreis der illustren Persönlichkeiten in erstaunlicher Homogenität geschlossen, der Zirkel, mit dem da gearbeitet werden soll, wird schon gar nicht mehr aufgeklappt, der Radius des Wirkungskreises tendiert gegen null.
Im hübschen Taschenformat mit schmalen Absätzen wird da ein philosophisches Tischfeuerwerk abgebrannt, das in der natürlich ebenfalls referenzierten platonischen Höhle nicht für Erleuchtung sorgt.