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Rezension zu Arno Schmidt: Aus julianischen Tagen. Teil 2: Und es blitzten die Sterne

Fischen mit Netzen des Wissens

Die zwölf kleinen Texte aus dem zweiten Abschnitt des Bandes setzen sich in erster Linie mit Literatur auseinander, nehmen in den hinteren Texten aber auch die Figur Arno Schmidt selbst, vielleicht gar diese Person, in den Blick. Zunächst gibt es aber eine Reihe von Besprechungen zu Übersetzungen englischsprachiger Autoren ins Deutsche, an denen Schmidt in erster Linie kein grünes Haar lässt.

Mit einer beeindruckenden Textarbeit und mindestens ebensoviel vernichtendem Verve werden hier Verlage und Übersetzer ins Fadenkreuz genommen, insbesondere dort, wo Textteile gekürzt, verändert oder gleich ganz weggelassen wurden. Mit großem Genuss liest sich die Zusammenstellung der bei Cooper, Sterne oder Jones gekürzten Sexszenen, sexuellen Anspielungen, Gotteslästerungen und Akzentverballhornungen. Detektivische Genauigkeit beweist Schmidt bei seiner Untersuchung intertextueller Zusammenhänge, die er unter dem Wortjoch des Plagiats durchaus kritisch beäugt, im Falle Poe – Clausen aber doch zu Gunsten der bloßen Inspiration einer stilistische besseren Ausarbeitung des Stoffes bei Poe abklingen lässt. Fouqué, Verne, May kommen vor, die Häufung einiger Textbezüge über mehrere Besprechungen hinweg lässt die unfassbare Bildungssicherheit, mit der der Autor auftritt, zwischenzeitlich doch fast auf einen gar nicht so großen Kanon beschränkt erscheinen.

Was er von sich selbst preisgibt, hinterlässt großen Eindruck, vom Lesenlernen mit drei Jahren bis zur ermüdenden Übersetzungsarbeit und der Einrichtung des Arbeitsplatzes. Dieser ist tatsächlich ein großer Tisch mit wechselweise 70 Büchern, ein beachtlicher Teil davon Lexika, Wörterbücher, Astronomie undsoweiter. Stellenweise verbringe ich die Hälfte der Lesezeit auf Wikipedia, zwischen dem aztekischen Kriegsgott Vitzliputzli (auch so ein Deja-Vu), Plesiosauriern, Somnambulanz und Oneiromantik, um mich dann wieder über ein scharfes Wort gegen Deutschland zu erfreuen oder ein ebensolches gegen Roland Barthes zu ver(w/z)undern. Dass jemand keinen vernünftigen Roman zusammengebaut bekommt, ist ja doch keine derart gewichtige Verfehlung, dass sie aus ihm einen „Mann zweiten Ranges“ machen würde – gleichwohl eine heitere Betrachtungsweise.

Auch in diesen Texten ist die Arbeit, die Schmidt leistet, kaum zu begreifen, uns es erschreckt schon fast zu sehen, wie viel davon er noch als Lohnarbeit ausgibt, ja, wie er beteuert, kaum mal noch ein Buch genießen statt rezensieren zu können und wie sein sehnlichster Wunsch eine Mäzenatenunterstützung in Höhe von 500 DM im Monat wäre. Leider ist es etwas müßig, Besprechungen von Texten, die ich nicht kenne, selbst noch einmal zu besprechen, aber meine Übersetzungs- und Ausgabenskepsis wurde wohlgenährt und angeregt, ich habe einiges gelernt und an Bewunderung gewonnen. Ich freue mich aber auch darauf, beim nächsten Buch eines anderen Autors wieder etwas besser durchzusteigen.

Foto von Ula Kuźma auf Unsplash.

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