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Rezension zu Arno Schmidt: Caliban über Setebos

So nah und doch so fern

Ich bin durch den Text gekommen und sehe sogar Sinn. Dennoch überwiegt das Unverstandene. Hängen bleibt: Ein älterer Dichter, weit über meinem Niveau bewandert, aber anscheinend trotzdem Amateur, durchstreift ein Dorf oder mehrere, vielleicht irgendwo zwischen Lüneburg und Hannover, ich weiß nicht mehr, wie ich darauf komme. Er beobachtet gerne und viel, besonders Frauen.

Da sind vier wandernde Frauen, die er zu Beginn an einer Bushaltestelle trifft und später in seinem Gasthaus. Genau, er nimmt sich ein Zimmer in diesem Gasthaus. Das einzige? Die Mädchen oder Frauen jedenfalls schlafen in der Scheune, obwohl sie den Wirt kennen. Tulp heißt er. Der Hauptdichter heißt Georg Düsternherr. Die Zeit habe ich verloren. Ein paar Tage oder nur einer?

Georg geht durchs Dorf und am Fluss spazieren, er beobachtet die Wirtin (oder irgendwen) beim Rumvögeln auf einem Hinterhof. Er betrinkt sich, ich glaube schon ein paar Male, ordentlich. Dem Wirt kauft er neben Bier und Wurst auch einen alten Krug ab, dessen Design ihn begeistert. Er zahlt in Gold, lässt nichts anschreiben. Eines Abends versucht Rieke (ist das die Wirtin oder die Dorfhure?) ihn am Ende des Abends auf seinem Zimmer abzuschleppen, er kriegt aber keinen hoch. Das ist ihm so peinlich, dass er sich mitten in der Nacht aus dem Haus schleicht, nachdem er nochmal ordentlich den Nachttopf gefüllt hat.

Er klettert durchs Fenster und will weg, sieht aber im Schuppen noch ein Licht brennen und gibt den Voyeur. Achso, vorher traf er noch jemanden, der die Kondomautomaten in der Gegend wartete. Ist das wichtig? Düsternherr steht jetzt jedenfalls an einem Astloch in der Schuppenwand, sieht drinnen die vier Mädchen mit diversen Sexspielzeugen, Dildos, Peitschen, Strapsen und so rummachen. Er geilt sich an den seltsamen, hochtrabenden, alt- oder neumodischen Wörtern auf, mit denen er die Szene beschreibt, und holt sich einen runter. Dabei besäuft er sich aus dem Krug und faselt etwas von Äther.

Die Mädchen betreiben nach dem ausführlichen Akt noch ein wenig Körperpflege, eine verlässt zum Kacken den Schuppen und entdeckt dabei den Spanner. Es entwickelt sich eine wilde Verfolgungsjagd inklusive Hund der Mädchen, Georg, als alter Mann, stolpert und hinkt und keucht, er lenkt den Hund mit einem Stück Wurst ab, verliert seine Bücher, kriegt ein paar Schläge ab, kann sich dann aber in ein Auto retten (einen „Wagen“, die Sprache voller dialektischer Fremdwörter erinnert mich die ganze Zeit an achtzehntes Jahrhundert), ist es der Kondomverkäufer?

Sie kommen davon, halten irgendwo an, um Georg ist es schlecht bestellt. Sein Knöchel ist kaputt, er keucht, vielleicht hatte er einen Herzinfarkt oder stand kurz davor. Er kommt langsam wieder zu sich, findet den Krug inklusive Schnapsrest unversehrt in seinem Schoß, besäuft sich erstmal weiter und bereitet sich darauf vor, dem Autofahrer seine tolle Geschichte zu erzählen.

Foto von Thom Milkovic auf Unsplash

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